Symptome der Hämophilie

Die Hämophilie äußert sich durch eine erhöhte Blutungsneigung. Aufgrund eines Mangels des Gerinnungsfaktors VIII (FVIII) bei der Hämophilie A bzw. IX (FIX) bei der Hämophilie B ist der Prozess der Hämostase gestört1: Es kommt zu Blutungen, die sowohl spontan auftreten als auch schon durch kleine Verletzungen ausgelöst werden können.2 Die Schwere der Blutungen hängt in der Regel damit zusammen, wie stark der Mangel des jeweiligen Gerinnungsfaktors ausgeprägt ist.3

Typische Krankheitszeichen sind:3, 2, 4

  • Gelenkeinblutungen, vorrangig in Knie-, Ellenbogen- und Sprunggelenke
  • Weichteilblutungen (Muskulatur, Fett- und Bindegewebe)
  • Starke Blutungen bei operativen Eingriffen
  • Innere Blutungen, etwa des Verdauungstrakts
  • Bei Frauen: Menorrhagie (übermäßige Menstruationsblutungen) und postpartale Blutungen
  • Bei Neugeborenen und Kindern unter 2 Jahren können eine übermäßige Neigung zu Hämatomen (Blutergüssen) sowie starke und verlängerte Schleimhautblutungen, etwa aus der Nase oder im Mund-Rachen-Raum, auf eine schwere Hämophilie hinweisen.
Wunde

Symptome nach Schweregrad

Menschen mit leichter Hämophilie haben im Alltag kaum Beschwerden. Daher fällt die Blutungsneigung oft erst auf, wenn Betroffene
z. B. ein Trauma erleiden oder sich einem chirurgischen Eingriff unterziehen. Auch Konduktorinnen können Symptome einer erhöhten Blutungsneigung zeigen, die einer leichten Form der Hämophilie entsprechen.4,3 Mehr dazu lesen Sie hier.

Bei einer mittelschweren Hämophilie können Blutungen schon nach kleineren Verletzungen auftreten. Spontane Blutungen kommen eher selten vor. Die Diagnose erfolgt meist im Kindesalter, sofern die Erkrankung in der Familie vorher nicht bekannt ist.4

Bei von schwerer Hämophilie Betroffenen kommt es häufig zu spontanen Einblutungen, überwiegend in die Gelenke oder in die Muskulatur. Bei Kleinkindern mit schwerer Hämophilie treten diese Symptome in der Regel bereits auf, sobald sie mobiler werden (etwa im Alter von 6–12 Monaten). Außerdem besteht bei einer schweren Form ein erhöhtes Risiko für Blutungen der inneren Organe.3,4,2

Mögliche Folgen

Blutungen und muskuloskelettale Komplikationen betreffen meist Hämophilie-Patienten, können aber auch bei Konduktorinnen auftreten.3

Das erhöhte Blutungsrisiko und die Angst vor Blutungen beeinflussen Lebensqualität und Alltagsleben von Betroffenen.5 Neben der Notwendigkeit einer medikamentösen Therapie ist beispielsweise die Auswahl geeigneter sportlicher Disziplinen eingeschränkt. Daher werden in der Regel Sportarten mit geringem Verletzungsrisiko empfohlen.3

Einblutungen in Gelenke verursachen starke Schmerzen und führen zu einer akuten Synovitis (Gelenkentzündung). Bei fehlenden oder unzureichenden therapeutischen Maßnahmen verläuft die Synovitis für gewöhnlich chronisch und schädigt die Gelenke langfristig – es kommt zu einer hämophilen Arthropathie. Dadurch werden sowohl Gelenkfunktion als auch die Beweglichkeit des Gelenks eingeschränkt. In der Folge nehmen Ausdauer, Kraft, Koordination sowie die allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen zunehmend ab.2,6,3

Weitere Informationen zum Thema Gelenkgesundheit erhalten Sie hier.

Zudem kann ein erhöhter Blutverlust, etwa durch unbehandelte oder auch nicht erkannte Blutungen, auf Dauer zu einer Anämie (Blutarmut) und einem Eisenmangel führen. Das Risiko steigt vor allem für Konduktorinnen ab der ersten Menstruationsblutung. Betroffene leiden unter Erschöpfung, Müdigkeit sowie einer eingeschränkten mentalen und körperlichen Leistungsfähigkeit.7

Notfälle

Manche Blutungen müssen unverzüglich stationär behandelt werden, da sie entweder lebensbedrohlich sind oder schwerwiegende Folgeerkrankungen nach sich ziehen können3:

Intrakranielle Blutungen (Gehirnblutungen) äußern sich unter anderem durch anhaltende starke Kopfschmerzen sowie Benommenheit und sind lebensbedrohlich. Bei Kopfverletzungen, aber auch ohne erkennbaren Anlass, ist eine sofortige medizinische Versorgung notwendig.2,3 Besonders bei Kleinkindern, die noch keine prophylaktische Faktortherapie erhalten, können schon leichte Stöße zu inneren Blutungen führen.8,4

Ebenso besteht Lebensgefahr bei gastrointestinalen Blutungen, die zu Schmerzen im Bauchraum oder blutigem Urin führen, sowie Blutungen im Thorax (Brustkorb), die Schmerzen im Brustkorb und eine eingeschränkte Atmung hervorrufen.2

Auch plötzliche starke Rückenschmerzen, insbesondere in Kombination mit Kribbeln und Taubheitsgefühl in Beinen und Rücken, erfordern eine rasche ärztliche Untersuchung. Vor allem nach einer Verletzung wie einem Sturz oder Stoß können diese Symptome auf eine Blutung im Bereich der Wirbelsäule hinweisen.3,2

Wie Sie in einer Notfallsituation am besten vorgehen, erfahren Sie hier.

Notfall

Referenzen

  1. Childers, KC, Peters, SC, Spiegel, PC: Structural insights into blood coagulation factor VIII: Procoagulant complexes, membrane binding, and antibody inhibition. J Thromb Haemost. 2022; 20: 1957-1970. Verfügbar unter: doi: 10.1111/jth.15793 (abgerufen am: 08.11.2023).
  2. Mehta P., Reddivari A. Hemophilia. [Updated 2023 Jun 5]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2023 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK551607/ (abgerufen am: 08.11.2023).
  3. Srivastava A, et al.: WFH Guidelines for the Management of Hemophilia, 3rd edition. Haemophilia. 2020:00: 1–158. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1111/hae.14046 (abgerufen am: 08.11.2023).
  4. Konkle BA, Nakaya Fletcher S. Hemophilia A. 2000 Sep 21 [Updated 2023 Jul 27]. In: Adam MP, Feldman J, Mirzaa GM, et al., editors. GeneReviews® [Internet]. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993-2023. Verfügbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK1404/ (abgerufen am: 08.11.2023).
  5. Lassandro G et al. Promoting Sports Practice in Persons with Hemophilia: A Survey of Clinicians' Perspective. Int J Environ Res Public Health. 2021 Nov 11;18(22):11841. doi: 10.3390/ijerph182211841.
  6. Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung e. V. (GTH): S2k-Leitlinie Synovitis bei Hämophilie, Stand: 02.12.21, 2. akt. Aufl. 2022; gültig bis 14.01.2027. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/086-005l_S2k_Synovitis-bei-Haemophilie_2023-02.pdf (abgerufen am: 08.11.2023).
  7. Zia A et al. Iron deficiency and fatigue among adolescents with bleeding disorders. Am J Hematol. 2022;97:60–67.
  8. Witmer, C., et al. (2011), Associations between intracranial haemorrhage and prescribed prophylaxis in a large cohort of haemophilia patients in the United States. British Journal of Haematology, 152: 211-216. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1111/j.1365-2141.2010.08469 (abgerufen am 08.11.2023).

EXA/DE/HG/0282