Kindheit

Ihr Kind hat eine erbliche Blutgerinnungsstörung wie die Hämophilie oder das Von-Willebrand-Syndrom (VWS) – vielleicht machen Sie sich Gedanken, was das im Einzelnen bedeuten wird. Doch auch mit diesen Erkrankungen können Kinder für gewöhnlich ein weitestgehend normales Leben führen und ihr Alltag ist oft nur gering eingeschränkt1 – etwa durch bestimmte Vorsichtsmaßnahmen. Betroffene Kinder können in der Regel allgemeine Kindertagesstätten und Schulen besuchen.1,2,3

Geschützt und selbstbewusst aufwachsen

Umsichtig durch den Alltag

Im Krabbel- und Kleinkindalter steigt mit zunehmender Mobilität Ihres Kindes auch das Verletzungsrisiko. Besprechen Sie frühzeitig mit den behandelnden Ärzt:innen, ob eine vorbeugende Behandlung sinnvoll ist, um Ihr Kind vor Blutungen zu schützen. Darüber hinaus können Sie Ihre Wohnung mit weichen Schutzecken an scharfen Kanten, rutschfesten Teppichen und Ähnlichem ausstatten, um Verletzungen oder Stürzen vorzubeugen.

Mit Eintritt in die Grundschule wird Ihr Kind selbstständiger. In diesem Alter messen sich Kinder gerne auch körperlich mit Gleichaltrigen, wodurch das Verletzungsrisiko weiter zunimmt. Andererseits sind die Betroffenen zu diesem Zeitpunkt oft schon lange mit den Grenzen konfrontiert, die ihre Gerinnungsstörung vorgibt, und können als kleine Expert:innen gefährliche Situationen richtig einschätzen.1

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Selbstvertrauen und Eigenverantwortung fördern

Bei aller Rücksicht auf die Blutgerinnungsstörung ist es wichtig, dass Sie Ihr Kind nicht in Watte packen3: Durch ihren natürlichen
Bewegungsdrang trainieren Kinder spielerisch Muskelkraft, Beweglichkeit und Gleichgewichtssinn. Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, ein
gutes Körperbewusstsein zu entwickeln, und haben Sie Verständnis für sein Bedürfnis nach Bewegung. Erinnern Sie es immer wieder
liebevoll an seine gesundheitlichen Grenzen, aber vertrauen Sie ab einem gewissen Alter darauf, dass es reif genug ist, diese zu kennen
und vernünftig zu handeln.

Grundvoraussetzung dafür ist eine altersgerechte Aufklärung über die eigene Erkrankung.3 Mit der Zeit können Sie Ihr Kind außerdem aktiv
in die Gabe des Gerinnungsmedikaments einbinden, sodass es diese irgendwann selbst übernehmen kann. Fördern Sie die
Selbstständigkeit Ihres Kindes und einen verantwortungsvollen Umgang mit der Erkrankung.2

Tipp: Auf Veranstaltungen und Familienfreizeiten können Ihre Kinder Erfahrungen mit gleichaltrigen Betroffenen machen – und Sie selbst vom Austausch mit anderen Eltern profitieren. Nähere Informationen finden Sie auf den Webseiten der Interessengemeinschaft Hämophiler e. V. (IGH) und der Deutschen Hämophiliegesellschaft e. V. (DHG).

Toben, Spielen, Sport? Aber sicher!

In Krippe und Kindergarten: Aufklären und Vorsorge treffen

Ihr Kind wird eine Kindertageseinrichtung besuchen – ein neuer, aufregender Lebensabschnitt beginnt. Für Sie bedeutet das, ein Stück weit loszulassen. Sorgen Sie bestmöglich vor, um sich mit der ungewohnten Situation sicher zu fühlen.

Informieren Sie alle betreuenden Personen über die Besonderheiten der Erkrankung und treffen Sie genaue Absprachen, was bei kleineren Verletzungen und Notfall was im zu tun ist. Hinterlegen Sie vor Ort neben Ihrer Telefonnummer auch die des Gerinnungszentrums sowie das Gerinnungsmedikament Ihres Kindes, damit die Betreuenden es gegebenenfalls Notarzt oder Notärztin übergeben können.4

Kinder mit dem VWS oder einer Hämophilie sollten immer ihren Notfallausweis bei sich tragen.5 Diesen können Sie auch als Kopie in der Kindertagesstätte oder später in der Schule hinterlegen.

Schul- und Freizeitsport: Möglichkeiten entdecken

Durch Sport und gezielte Bewegung werden die Muskeln stärker. Das schützt die Gelenke und kann das Verletzungsrisiko senken. Eine durch Training verbesserte Koordinationsfähigkeit kann helfen, Stürze zu vermeiden.1,5

Grundsätzlich empfehlen Expert:innen risikoarme, gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen, Radfahren, Klettern, Tischtennis oder Skilanglauf. Weniger geeignet sind Kontaktsportarten wie Handball, Fußball, Judo oder Geräteturnen.1

Eine Teilnahme am Schulsport ist auch bei einer Gerinnungsstörung grundsätzlich möglich.1,2,3 Zu beachten ist Folgendes:

  • Sportlehrer:innen oder Trainer:innen müssen über die Erkrankung und Risiken informiert sein und eine Notfallnummer zur Hand haben.
  • Bei Hämophilie: Prophylaktische Faktorgabe am Tag des Sportunterricht
  • Das Gerinnungspräparat wird für Notfälle in der Schule hinterlegt.1

Wichtig Welche Aktivitäten im Fall Ihres Kindes möglich sind, sollten Sie vorab mit dem ärztlichen Behandlungsteam besprechen.2,3,5 Auch über das Projekt fit for life, der Sportberatung für Hämophilie-Patient:innen, lassen sich individuell passende Aktivitäten finden. Mehr dazu erfahren Sie hier.

Schul- und Freizeitsport: Möglichkeiten entdecken

Referenzen

  1. Bidlingmaier, C. et al.: Ein Kind mit Hämophilie. Informationen für Erzieherinnen und Erzieher in Krippen und Kindergärten sowie Lehrerinnen und Lehrer. Deutsche Hämophiliegesellschaft zur Bekämpfung von Blutungskrankheiten (DGH) e. V. (Hrsg.). Oktober 2020.
    Verfügbar unter: https://www.dhg.de/fileadmin/dokumente/sonderdrucke/Ein_Kind_mit_Haemophilie.pdf (abgerugen am 25.06.2024).
  2. Barthels, M. et al.: Hämophilie. Deutsche Hämophiliegesellschaft zur Bekämpfung von Blutungskrankheiten (DGH) e. V. (Hrsg.). Dezember 2015.
    Verfügbar unter: https://www.dhg.de/fileadmin/dokumente/sonderdrucke/Haemophilie.pdf (abgerugen am 25.06.2024).
  3. Interessensgemeinschaft Hämophiler e. V. (IGH): Perspektiven – Kann mein Kind "normal" aufwachsen?, o.J.
    Verfügbar unter: https://www.igh.info/inhalte/infos/haemophilie/perspektiven-kann-mein-kind-normal-aufwachsen.html (abgerugen am 25.06.2024).
  4. Knöfler, R.: Kinder mit Hämophilie in der Schule, Lektion 3: Richtig reagieren im Notfall, Februar 2020. Selpers.com.
    Verfügbar unter: https://selpers.com/lektion/kinder-mit-haemophilie-in-der-schule-richtig-reagieren-im-notfall/ (abgerugen am 25.06.2024).
  5. Tallen, G. und R. Schneppenheim – kinderblutkrankheiten.de: Von-Willebrand-Erkrankung, 15.10.2022.
    Verfügbar unter: https://www.kinderblutkrankheiten.de/sites/gpoh/kinderkrebsinfo/kinderblutkrankheiten/content/e97222/e96985/e263559/e264012/Von-Willebrand-Erkrankung.pdf (abgerugen am 25.06.2024).

EXA/DE/HG/0326