Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura

Definition und Ursache

Die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) ist eine seltene, lebensbedrohliche Erkrankung.1 Sie gehört zu den thrombotischen 
Mikroangiopathien (TMA), einer Gruppe von Erkrankungen, bei denen sich in den kleinsten Blutgefäßen Mikrothromben bilden.2 Bei TTP ist 
die Ursache ein schwerer Mangel an ADAMTS13, einem Plasmaprotein, das ultragroße Multimere des Von-Willebrand-Faktors (VWF) 
spaltet.2 Ohne die proteolytische Aktivität von ADAMTS13 akkumulieren diese ultragroßen VWF-Multimere, die eine besonders starke 
Bindungsaffinität zu Blutplättchen haben.2 Dadurch entstehen viele kleine Blutgerinnsel im ganzen Körper, die die Blutversorgung 
lebenswichtiger Organe blockieren und akut lebensbedrohlich werden können.3

adamts13

 

Modifiziert nach Joly BS et al. 2017
 

Jährlich erkranken 1–2 von 1 Million Menschen an einer TTP.2,3

 

Erworbene TTP (iTTP, aTTP)

  • In etwa 95 % der Fälle handelt es sich um die erworbene TTP. Bei dieser immunvermittelten Form hemmen Autoantikörper die 
    enzymatische Aktivität von ADAMTS13.1 Auslöser für die Entstehung der Antikörper können beispielsweise andere Immunerkrankungen, 
    Infektionen, Schwangerschaft oder Medikamente sein.2
  • Die iTTP tritt meist um das 40. Lebensjahr auf.1 Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.3

 

Angeborene TTP (k­ongenitale TTP, cTTP) 

  • Etwa 5 % der TTP-Fälle sind angeboren.1 Genetisch bedingt wird weniger ADAMTS13 gebildet oder die Enzymaktivität von ADAMTS13 ist 
    deutlich reduziert.1
  • Über 200 Mutationen sind für die cTTP beschrieben.1 Trigger für einen akuten Schub können Schwangerschaft, erhöhter 
    Alkoholkonsum, Infektionen und bestimmte Medikamente sein.1
  • cTTP manifestiert sich zu 50 bis 60 % im frühen Kindesalter, kann aber auch erst im Alter von 30 bis 40 Jahren oder später auftreten.1

Symptome

Die Symptomatik einer TTP kann sehr variabel sein:2

Fast immer zeigt sich eine schwere Thrombozytopenie (< 10 bis 17 x 109/l) in Kombination mit einer mikroangiopathischen hämolytischen Anämie (MAHA).2 Diese Form der Blutarmut ist charachterisiert durch das Auftreten von Schistozyten (Fragmente von Erythrozyten) im Blutausstrich.2 Oft kommt es auch zu ungewöhnlichen Blutungen wie Ekchymosen oder Petechien (flächige bzw. punktförmige Einblutungen under der Haut) oder Menorrhagien (starke, lang anhaltende Monatsblutungen).4

Organschäden betreffen meist das Nervensystem und reichen von leichten Krankheitszeichen wie Kopfschmerzen oder vorübergehenden Verwirrtheitszuständen bis zu schwerwiegenden Symptomen wie epileptischen Anfällen, Schlaganfall und Koma.4 Auch gastrointestinale Symptome wie Überkeit, Erbrechen, abdominale Schmerzen und Durchfall sind häufige Merkmalle.4 Eine renale Beteiligung kann in verscheidenen Ausprägungen auftreten.4

Diagnostik

Wenn eine TMA festgestellt wird (mikroangiopathische hämolytische Anämie plus Thrombozytopenie), kann der Nachweis einer erniedrigten ADAMTS13-Aktivität den Verdacht auf TTP bestätigen.1 Die beiden TTP-Formen lassen sich bein Vorliegen von Anti-ADAMTS13-Antikörpern bzw. einer genetischen Mutation unterscheiden.2

Mit Blick auf die Therapie ist such die Abgrenzung zu anderen TMAs wichtig, wie beispielsweise dem atypischen hämolytisch-hrämischen Syndrom (aHUS), dem Shiga-Toxin-assoziirten hämolytisch-urämischen Syndrom (STEC-HUS) oder sekundären TMAs.1

Therapie

Ein rascher Therapiebeginn kann lebensrettend sein.2 Die heutigen Behandlungsstrategien haben zu einer deutlichen Verbesserung der Prognose beigetragen.1 In der Akutphase ist das wichtigste Behandlungsziel, die Bildung von Mikrothromben zu verhindern.1

Wichtigste Säule der Therapie ist die Zufuhr von ADAMTS13, ggf. in Kombination mit Ausschwemmen vorliegender Antikörper.1

Bei einem akuten Schub einer cTTP und als Strategie zur langfristigen Erhöhung der ADAMTS13-Aktivität können Plasmainfusionen sowie rekombinant hergestelltes ADAMTS13 eingesetzt werden.1

Bei iTTP werden zur Reduktion antikörperproduzierender Zellen zusätzlich Immunsuppressiva wie Kortikosteroide oder Rituximab eingesetzt. Der monoklonale Antikörper Caplacizumab kann die Thrombozytenadhäsion reduzieren und so der Thrombenbildung entgegenwirken.1

Referenzen

  1. Özcan F et al. Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura – eine differenzialdiagnostische Herausforderung im Notfall [Thrombotic thrombocytopenic purpura-a differential diagnostic challenge in an emergency]. Med Klin Intensivmed Notfmed. 2023 May;118(4):301-308. German. doi: 10.1007/s00063-022-00982-w.

    URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10160152/ (abgerufen am 06.09.2024).
  2. Kremer Hovinga J, Coppo P et al. Thrombotic thrombocytopenic purpura. Nat Rev Dis Primers. 2017(3). URL: https://doi.org/10.1038/nrdp.2017.20 (abgerufen am 06.09.2024).
  3. Joly BS, Coppo P, Veyradier A. Thrombotic thrombocytopenic purpura. Blood. 2017 May 25;129(21):2836-2846. URL: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0006T971K0333553?via%3Dihub (abgerufen am 06.09.2024).
  4. Chiasakul T, Cuker A. Clinical and laboratory diagnosis of TTP: an integrated approach. Hematology Am Soc Hematol Educ Program 2018; 2018 (1): 530–538. URL: https://doi.org/10.1182/asheducation-2018.1.530 (abgerufen am 06.09.2024).
EXA/DE/HG/0354